Gedichtformen

Um bei den [dorf]poeten mitzumachen, müsst Ihr in diesem Jahr ein Gedicht einsenden. Bitte beachtet, dass Eure Gedichte nicht mehr als 30 Zeilen inklusive Leerzeilen haben. Also Ihr müsst Euch nicht unbedingt an Schillers „Lied von der Glocke“ orientieren 😉

Ich habe Euch mal eine (sicherlich nicht abschließende) Übersicht* über mögliche Gedichtformen erstellt:

Akrostichon

Ein Text, der darauf basiert, dass die Anfangsbuchstaben, ersten Silben oder Wörter aufeinanderfolgender Verszeilen oder auch Strophen eine Sinneinheit oder einen eigenständigen Satz bilden. Kann prinzipiell auch in anderen Gattungen vorkommen, findet sich aber zumeist in Liedern oder Gedichten.

Ballade

Meist handelt es sich um ein mehrstrophiges erzählendes Gedicht. Also um einen Text, der durch Verse und Strophen gegliedert und von Reimen geprägt ist, wobei sich oft ein festes, aber nicht vorgegebenes, Metrum findet.

Das wesentliche Merkmal der Ballade ist, dass sie eine Mischform der literarischen Gattungen bildet: in ihr kommen sowohl epische (das Erzählen einer Geschichte), lyrische (formal betrachtet ein Gedicht) als auch dramatische (Monologe, Dialoge) Elemente vor.

Chant royal

Eine Sonderform der französischen Ballade. Wird aus fünf elfzeiligen Strophen gebildet, die häufig aus zehnsilbigen Versen bestehen, welche meist dem Schema ababccddede folgen und durch eine Schlussstrophe abgerundet werden. Diese folgt dem Muster ddede. Alle Strophen enden dabei auf den gleichen Vers. Hierbei werden nur fünf verschiedene Reime gebraucht, die aber stets ein anderes Reimwort nutzen. Das Chant royal war oftmals allegorisch.

Drápa

Eine Sonderform der französischen Ballade. Wird aus fünf elfzeiligen Strophen gebildet, die häufig aus zehnsilbigen Versen bestehen, welche meist dem Schema ababccddede folgen und durch eine Schlussstrophe abgerundet werden. Diese folgt dem Muster ddede. Alle Strophen enden dabei auf den gleichen Vers. Hierbei werden nur fünf verschiedene Reime gebraucht, die aber stets ein anderes Reimwort nutzen. Das Chant royal war oftmals allegorisch.

Elegie

Gilt nur in ursprünglicher Form als eigenständige Gedichtform. Meint dann ein Gedicht, das ausschließlich in Distichen verfasst wird. Als Distichon wird ein Verspaar, das aus einem Hexameter und einen Pentameter gebildet wird, bezeichnet. Später galt die Elegie als Überbegriff für (Klage-)Gedichte.

Elfchen

Besteht aus fünf Versen. Der erste Vers besteht aus einem Nomen; der zweite beschreibt dieses mit zwei Wörtern noch genauer; die dritte Zeile besteht aus drei Wörtern, die angeben, was das Nomen tut; die vierte Verszeile zeigt einen allgemeinen Gedanken zum Thema, der letzte Vers bildet ein Fazit des Gedichts.

Epigramm

War ursprünglich eine kurze Inschrift auf Gräbern, Gebäuden und Geschenken. Daraus entwickelte sich eine eigenständige Gedichtform. Das Epigramm bestand zumeist aus Distichen (ein Hexameter sowie ein Pentameter).Charakteristisch ist die Kürze des Gedichts, da dieses zumeist nicht mehr als vier Verszeilen hat. Es ist entweder eine Art Sinngedicht, gibt also pointiert und treffend einen Gedanken wieder oder ist als Spottgedicht verfasst und verhöhnt dabei eine Person, Gruppe oder Instanz.

Glosse
(glosa)

Vornehmlich meint der Begriff eine journalistische Textsorte. Das Wort bezeichnet aber auch eine spanische Gedichtform, die vor allem in der deutschen Romantiknachgeahmt wurde. Die Glosse handelt meist von einem philosophischen oder erotischen Inhalt. Sie hat vier Strophen zu je zehn Versen, die dem Reimschema der Dezime folgen (abba/ac/cddc).

Haiku

Ist eine traditionelle japanische Gedichtform. Diese besteht aus drei Wortgruppen (Verse) mit fünf, sieben und fünf Lauteinheiten (diese werden als Moren genannt). Im Deutschen werden die Lauteinheiten oft in Silben umgedeutet.Allerdings wird das Haiku zumeist frei umgesetzt, weshalb viele Haikus weniger als 17 Silben aufweisen. Die erste Zeile des Haikus benennt zumeist einen konkreten Sachverhalt, häufig eine Jahreszeit und hat einen unmittelbaren Bezug zur Gegenwart, also zum Hier und Jetzt.

Hymne

Diese Gedichtart hat keine feste Form, weshalb sie zumeist in freien Versen umgesetzt wird. Die Hymne ist die festliche Preisung, wobei häufig eine Gottheit besungen wird. Dennoch gibt es Beispiele, die Ortschaften oder auch Personen besingen. Stilistisch ähnelt sie deshalb der Ode. Im Zuge der Apotheose einer Person(Vergötterung von Sterblichen) kommen oft Hymnen zum Einsatz.

Kanzone

Ist eine Mischform aus Lied und Ode, wobei sie der ernsten sowie schwermütigen Betrachtung eines Sachverhalts dient. Sie besteht aus mehreren längeren, aber gleich gebauten Strophen, wobei eine kürzere Schlussstrophe den Abschluss bildet.Im Mittelhochdeutschen bestand eine Kanzone aus drei Teilen, welche als Stollen bezeichnet werden. Die ersten beiden Stollen waren aufgrund der äußeren Merkmale identisch und wurden als Aufgesang bezeichnet, der letzte Teil, der Abgesang, konnte sich aber unterscheiden. Metrisch waren die Stollen gleich.

Konkrete Poesie

Zählt im Eigentlichen nicht zu den verschiedenen Gedichtformen, sondern ist eine bestimmte Art Gedichte zu schreiben. Hierbei dient die Sprache nicht mehr der Beschreibung einer Sache, sondern wird selbst zur Darstellung genutzt. So könnte in einem Werk stets das Substantiv Apfel wiederholt werden, wobei es durch die Anordnung der Wörter selbst wie ein zweidimensionaler Apfel aussieht.

Lehrgedicht

Form des Gedichts, die vor allem im Mittelalter und der Antike verbreitet war. Das Lehrgedicht ist zumeist moralisch und hat einen lehrhaften Charakter und kann sämtliche Wissensgebiete streifen. Sehr häufig besteht es ausschließlich aus Hexametern, wobei es auch Beispiele gibt, die aus Distichen (Hexameter und Pentameter) gebildet werden. Anzahl der Strophen und Verse sind hier nicht festgelegt.

Lied

Eine Gedichtform, die strophisch gegliedert ist und sich zumeist durch einen einfachen Volkston auszeichnet. Zumeist ist das Reimschema durchgehend, wobei die Verse eher kurz ausfallen. Oftmals wird die Abfolge der Strophen durch eine wiederkehrende Wortfolge unterbrochen (Refrain).

Limerick

Eigentlich ein Nonsensvers, der aber in der Regel allein steht und somit als eigenständige Gedichtart wahrgenommen wird. Ist humorvoll, ironisch, teils grotesk und endet stets auf eine unsinnige Endzeile. Besteht in den meisten Fällen aus fünf anapästischen Versen mit 3, 3, 2, 2, 3 Hebungen und dem Reimschema aabba.

Madrigal

In der Literatur bezeichnet das Madrigal eine Gedichtform der italienischen Lyrik des 14. Jahrhunderts. Das Gedicht besteht in der Regel, auch wenn es Abweichungen gibt, aus zwei oder drei Stanzen mit drei Doppelversen und einem anschließenden Refrain aus zwei Verszeilen, welche paarig reimen.

Ode

Oden sind Gedichte, die etwas lobpreisen. Sie sind in Strophen gegliedert, weisen dabei allerdings kein festes Reimschema auf. In der Antike folgten Oden zumeist bestimmten Odenstrophen, die einen vorgegebenen Aufbau hatten (alkäische, sapphische oder asklepiadeische Odenstrophe).

Prosagedicht

Meint eine Textart zwischen Prosa und Gedicht. Das Prosagedicht ist eine kunstvoll strukturierte und rhythmisch-klanglich gestaltete Prosa, die sich von der Lyrik vornehmlich insofern unterscheidet, als dass Endreime fehlen und die Rede nicht durch Verse gebunden ist. Ein Prosagedicht ist jedoch nicht nur sehr rhythmisch, sondern außerdem bildstark, weshalb es stark von lyrischen Gestaltungs- und Stilmitteln durchzogen ist, wie etwa Assonanzen, Binnenreime etc.

Rondell

Gehört zu den Gedichtformen, die zumeist ungereimt sind und umfast in der Regel acht Zeilen. Es gibt zwei verschiedene Arten des Rondells, beide haben allerdings gemeinsam, dass sie mit dem Wiederholen einzelner Elemente spielen.In der ersten Variante besteht jede Zeile aus einem kurzen, aber vollständigen Satz oder aus einem abgeschlossenen Satzteil besteht, der in der zweiten Zeile durch einen Nebensatz ergänzt wird. Der Satz aus dem ersten Vers wird in Zeile 4 und 7 wiederholt. Die zweite Zeile wird im letzten Vers wiederholt. Die Verszeilen 3, 5 und 6 sind weitere Ergänzungen oder verstärken das Hauptthema.

In der zweiten geläufigen Variante des Rondells, müssen die Zeilen keine vollständigen Sätze oder Satzeinheiten beinhalten. Es ist ausreichend, wenn der Satz, um vollständig zu sein, im nächsten Satz vervollständigt wird. Hierbei wird außerdem nicht die erste, sondern die 2. Zeile in Zeile 4 und Zeile 7 wiederholt. Weitere Wiederholungen sind kein Muss.

Sestine

Diese Gedichtform besteht aus sechs Strophen, die sich durch je sechs jambische Verszeilen auszeichnen. Das wesentliche Merkmal der Sestine ist das Beibehalten der Reimwörter der ersten Strophe in einer festgelegten Reihenfolge. Nummeriert man die Verse der ersten Strophe von 1 bis 6, ergibt sich für die zweite Strophe die Abfolge 612345, für die dritte 561234, für die vierte 456123, für die fünfte 345612 und für die sechste 234561.

Sonett

Ist ein vierzehnzeiliges Gedicht, das aus zwei vierzeiligen und zwei dreizeiligen Strophen besteht. Die Vierzeiler werden Quartette und die Dreilzeiler Terzette genannt. Charakteristisch ist die Verwendung alternierender (abwechselnde Hebung und Senkung) Versmaße, wobei meist der Jambus verwendet wird. Das Reimschema variiert. Typisch ist ein umarmender Reim im Quartett, wobei die Terzette meist dem Muster cdc/dcd, cde/cde und ccd/eed folgen.

Vilanelle

Ursprünglich ein einfaches Bauern- und Hirtenlied. Wurde später allerdings zu folgender Gedichtform ausgeformt: keine festgelegte Anzahl von Strophen, wobei es meist vier sind, die sehr häufig 8 Verse haben, welche aus sieben oder elf Silben bestehen. Das Reimschema folgt meist dem Muster abababcc, ähnelt also der Stanze. Das Paar ccwurde oft strophenübergreifend als Kehrreim wiederholt.

Hinweis: Gedichtarten wie Elfchen, Akrostichon, Limerick oder Haiku haben zwar bestimmte Vorgaben, bestehen allerdings nur aus einer einzigen Strophe (Einzelstrophe). Deshalb werden diese oft nicht zu den Gedichtformen, sondern zu den Strophenformen gezählt. Allerdings werden sie oft als eigenständige Gedichtform behandelt.

*(Quelle: https://wortwuchs.net/gedichtformen/)