Zuerst nehme man einen Lada, vorzugsweise ein älteres Modell aus Zeiten der Sowjetunion. Neuere Modelle taugen prinzipiell auch zum Erlernen des Lada Fahrens, erlauben es einem aber nicht den vollen Genuss der Entschleunigung auszukosten. Einen guten Lada erkennt der Fachmann an einer leicht bläulichen Auspufffahne als auch an der mild stechenden Abgasnote. Diese Indizien sind auch für den Laien leicht zu identifizieren. Schwieriger ist es, das sonore Rattern des Motors gemischt mit einem typischen und unerklärlichen Quietschen oder Klopfen während der Fahrt auf keinen Fall als Fehler zu interpretieren. Im Gegenteil, fehlt eine dieser Eigenschaften muss Vorsicht walten, den das entsprechende Bauteil könnte unter Umständen abgefallen oder weggerostet sein. Dennoch sollte man unbesorgt bleiben, solange der Lada noch fährt, fährt der Lada weiter. Denn an einem Lada gibt es nichts, was ein pfiffiges Händepaar nicht mit ein Schweißgerät und einem Hammer reparieren kann. Abgesehen vielleicht von Fensterglas, aber auf Grund der nicht vorhandenen Klimaanlage und schlechten Lüftung kann man ein fehlendes Fenster im Sommer auch als nützliche Sonderausstattung verkaufen. Im Winter macht ein fehlendes Fenster auch keinen Unterschied, die Innenraumtemperatur gleicht trotz Heizung der Außentemperatur. Lediglich bei Regen könnte das Fahren etwas unkomfortabel sein, aber Wasser ist für einen Lada nur ein Reinigungsmittel – Außen wie Innen. Öffnet man also die Fahrertür mit dem passenden winzigen Blechschlüssel, so schlägt einem als Erstes der vertraute muffige Geruch des abgestandenen Ostblockwagens entgegen. Die bröckelnden Sitzkissen und das Lederimitat aus verblichenem Plastik ergänzen die Duftnote um eine unerklärlich harmonische Instanz – heutzutage trifft die Beschreibung „Patina“ dieses Ensemble am besten. In früheren Beschreibungen verwendete man passenderweise einfach das Wort „alt“. Da der Lada für die rauen Weiten der Sowjetunion gebaut wurde, werden die Türen nicht zugemacht sondern zugeschlagen. Denn einzig das feste Zuschlagen stellt sicher, dass die Türen während der Fahrt nicht spontan Aufspringen. Zum Starten des Motors beginnt man mit einem wechselseitigen Ritual. In der Sinfonie des Lada-Startens spielt die Orgel des Startermotors die Hauptrolle, begleitet vom dröhnenden Auspuffgeräuschen und dem ständigen Fluchen des Fahrers. Sollte der Lada nach mehrfachen Startversuchen immer noch nicht Laufen, wird die langsam aufsteigende Panik meist von mitleidigen Blicken der Passanten oder unleidigen Augenrollen der Nachbarn begleitet. Der Funktion des Startvergasers erinnert man sich im letzten Moment, kurz bevor man den ADAC angerufen hätte. Mit gezogenem Startvergasen springt der Lada augenblicklich mit einem Schütteln an und schnurrt rau und gleichmäßig vor sich hin. Die blaue Abgaswolke zeigt dann auch den gaffenden Zuschauern und ungläubigen Skeptikern deutlich, dass ein Lada eben doch verlässlich ist. Das Rufen des ADACs für einen Lada ist übrigens nicht empfehlenswert, weil der werte Techniker entweder genauso ratlos vor dem Gefährt steht oder das Fahrzeug mit einem Handgriff wieder zum Leben erweckt – nur um einen dann mit einem verschmitzten und leicht belustigten Blick abzustrafen. Einen Lada repariert man daher am besten immer selbst. Um den Lada in Bewegung zu setzen bedient man sich der gleichen Elemente wie in jedem anderen Auto auch, allerdings gibt es einige Lada-Adaptionen. Zuerst tritt man die Kupplung voll durch und beginnt dann mit dem Suchen des ersten Gangs im Getriebe. Dazu rührt man mit dem Schaltknüppel solange herum, bis dieser in der oberen linken Ecke im ersten Gang hängenbleibt. Anschließend erfühlt man das feine Spiel zwischen Kupplung und Gaspedal bei dem der Lada ruckelnd anfährt. Sobald das Fahrzeug in Bewegung ist, tritt eine gewisse Enttäuschung auf – der Lada fährt sich völlig unspektakulär und ruhig. Lediglich für das Beschleunigen sollte man etwas Zeit einplanen. Gleiches gilt beim Bremsen. Hier sollte vor allem beachtet werden, scharfe Bremsmanöver zu vermeiden, wenn man nicht mit Schweißperlen auf der Stirn und einem Stoßgebet auf den Lippen am Straßenverkehr teilnehmen möchte. Es sei ebenfalls angemerkt, dass eine ausgewachsene Kuh in der gleichen Gewichtsklasse antritt wie ein vollausgestatteter Lada. Zusammenstöße sind daher aufs Dringlichste zu vermeiden, schon aus Gründen der Tierliebe. Abgesehen von diesen technischen Schwächen eignet sich der Lada ausgezeichnet zum entspannten Überlandfahren. Sanft gefedert am Steuer sitzend, kann man sich interessierter und bewundernder Blicke anderer Verkehrsteilnehmer sicher sein. An Ampeln sollte man den Blick in den Rückspiel allerdings vermeiden, denn die blauen Abgaswolken sorgen bei den rückwärtigen Fahrern meist für tränende rote Augen und verzerrte Mienen. Angekommen am Zielort bedarf es beim Abstellen des Fahrzeugs einiger Maßnahmen. Das Hochkurbeln aller Fenster, das manuelle Abschließen aller Türen und das feste Anziehen der Handbremse, sowie das Einlegen eines Ganges für den sehr wahrscheinlichen Fall, das Erstere Versagt. Über einen Diebstahl des Ladas braucht man sich aus zwei Gründen eher weniger Sorgen machen. Zum einen ist das Auto auffälliger und deutlich langsamer als ein Ferrari, zum anderen Vergisst der Dieb bestimmt den Startvergaser zu ziehen.
Hannes, 26 Jahre